Die Zeit des Nationalsozialismus

Das Westmünsterland drohte für die Nationalsozialisten eine uneinnehmbare Festung des katholischen Zentrums zu bleiben. Diese im wörtlichen Sinne zu ‚schleifen‘, gelang der ersten NSDAP-Ortsgruppe in diesem Gebiet von Klein Reken aus. Hier hatte sich besonders Franz Bösing als „alter Kämpfer“ hervorgetan.

<Bild Franz Bösing>
BU: Franz Bösing, 1935 bis 1945 Amtsbürgermeister der Gemeinde Heiden-Reken

Zur Zeit des Nationalsozialismus war Franz Bösing von 1933 bis 1945 Amtsbürgermeister des Amtes Heiden-Reken. Zunächst wurde er im Jahre 1933 nach der Regierungsübernahme Hitlers kommissarischer Bürgermeister, nachdem es zuvor eine „Auseinandersetzung“ mit seinem Vorgänger im Amt, Hidding, gegeben hatte. Bösing, der â€“ wie u.a. viele Einträge und Vermerke in Akten verschiedener Archive belegen – glühender Anhänger der NSDAP und bedingungsloser Unterstützer des Nationalsozialismus war, war vom damaligen Landrat Dr. jur. Peter Cremerius eingesetzt worden, nachdem dieser Hidding abgesetzt hatte. Auch Cremerius war im Zuge des Nationalsozialismus als NSDAP-Mitglied auf seinen Posten gekommen. Es ist heute unstrittig, dass Bösing maßgeblichen Anteil an antisemitischen Handlungen sowie an der Vertreibung, Verfolgung und Deportation von Rekener Mitbürger/innen jüdischen Glaubens hatte, sowohl durch eigene oder geduldete Handlungen der SA sowie entsprechende Weisungen als Bürgermeister.

<Bild Peter Cremerius>
BU: Peter Cremerius, 1931 bis 1945 Landrat des Kreises Borken

Bereits ab Oktober 1932 gelang es ihm mit Unterstützung von vorgenannten Landrat Cremerius 1933 zunächst zum Kreisbauernführer und fast zeitgleich zum kommissarischen Bürgermeister in Reken ernannt zu werden. Durch Einschüchterungen seiner Parteigenossen einerseits und Verwaltungstricks andererseits wurde er schließlich im Februar 1935 auch offiziell zum Amtsbürgermeister der Gemeinde Heiden-Reken – ohne jemals gewählt worden zu sein.

Man übersieht bei der Betrachtung des nationalsozialistischen Systems häufig, dass dieses zwar ein Unrechts- und Willkürsystem gewesen ist, die Willkür und das Unrecht aber fast ausschließlich die Nicht-Zugehörigen traf, während die Mitglieder der Volksgemeinschaft nach wie vor in weiten Bereichen sowohl Rechtssicherheit als auch staatliche Fürsorge genossen („Auf den Straßen war es nachts aber sicher …“).

germanisch-nordischer

Es gibt im Zusammenhang mit diesem Gesellschaftsverbrechen keine Zuschauer, es gibt auch keine Unbeteiligten. Es gibt nur Menschen, die, jeder auf seine Weise – der eine intensiver und engagierter, der andere skeptischer und gleichgültiger – eine gemeinsame soziale Wirklichkeit herstellen. Die gesellschaftliche Wirklichkeit des „Dritten Reiches“ funktionierte wie ein soziales Parallelogramm, in dem sich die emotionale und materielle Lage der nicht-jüdischen Deutschen in dem Maße verbesserte, wie sich die Situation der „Nichtarier“ verschlechterte. Die Ausgrenzung der Juden war nicht nur Herrschaftszweck, sondern auch Herrschaftsinstrument.
Vor dem Hintergrund dieser in Gesetze und Maßnahmen gegossenen Rassenideologie konnte sich noch jeder sozial deklassierte, ungelernte Arbeiter ideell jedem jüdischen Schriftsteller, Schauspieler oder Geschäftsmann überlegen fühlen – zumal dann, wenn der gesellschaftliche Prozess die faktische soziale und materielle Deklassierung der Juden durchsetzte. Die Aufwertung, die der Volksgenosse auf diese Weise erfuhr, bestand auch im Gefühl einer relativen verringerten sozialen Gefährdung, einem ganz neuen Lebensgefühl in einer exklusiven Volksgemeinschaft, zu der man nach den ‚wissenschaftlichen‘ Gesetzen der Rassenauslese unabänderlich gehörte und zu der „die anderen“ genauso unabänderlich niemals gehören konnten. Das ganze mythisch aufgeblähte Wortgeklingel verbunden mit angeblich germanisch nordischer Ästhetisierung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch in Reken vor allem um zweierlei ging: Rassenhass und Kriegstreiberei.

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Weitere Beiträge zu diesem Thema

Beitrag von Wolf Stegemann zu Franz Bösing bei Dorsten Lexikon <http://www.dorsten-lexikon.de/boesing-franz/>
Beitrag zu Peter Cremerius bei Wikipedia <https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Cremerius>

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